Fellbachs Nord-Süd-Radstrecken
Die Ortsgruppe führte am Samstag, 24.04.2010 eine Stadtteilbefahrung per Rad durch.
Da um 15 Uhr die Läden in der Bahnhofstraße längst geschlossen waren, war der Verkehr viel ruhiger als zu Stoßzeiten, was die Befahrung und Diskussionen an Ort und Stelle erleichterte.
Die Gruppe befuhr die Bahnhofstraße vom Bahnhof bis zur Lutherkirche, fuhr zurück auf der Pfarrer-Sturm- und Theodor-Heuss-Str, Pestalozzistraße bis zur Schorndorfer Str. und zurück auf der Bahnhofstr. Unterwegs notierten wir beobachtete Hindernisse und Gefahrenstellen.
Diese Beobachtungen waren Ausgangspunkt für eine nachfolgende, lange und ausgiebige Diskussion.

Das meiste gab es am Radweg in der Bahnhofstraße zu bemängeln: Vom Hindernislauf (Falschparker, Auslagen, Mülltonnen u.v.m.) über zu geringe Breite und fehlenden Sicherheitsabstand sowohl von parkenden Autos, als auch vom Fußweg, bis hin zu unklarer Verkehrsführung, Beschilderung und Ampelschaltung.
Die Vielzahl der Probleme belegt hier besonders krass, was Verkehrsplaner seit Jahren als gesicherte Erkenntnis ansehen und was in der

Die Erklärung dafür ist ganz einfach: Radfahrer auf baulich getrennten Radwegen, besonders wenn sie hinter einer Reihe parkender Fahrzeuge fahren, werden von ein- und abbiegenden und einparkenden Autofahrern übersehen, oder durch eine plötzlich aufgehende Beifahrertür gefährdet. Ist die Radfahrspur auf der Fahrbahn, oder fahren die Radfahrer im Mischverkehr auf der Fahrbahn, so werden sie von den Fahrern der anderen Fahrzeuge wahrgenommen.
Natürlich gibt es auch gute Radwege. Dazu kann man z.B. Radstreifen zählen, die direkt auf der Fahrbahn markiert sind, sofern sie breit genug sind und ein gewisser Abstand vom „ruhenden Verkehr“ eingehalten wird. Ebenso ist außerorts ein Radweg, der eine gemütliche Fahrt fernab von lauten und schnellen Fahrzeugen erlaubt und wenige

Dass eine entspannte und trotzdem zügige Fahrt mit dem Fahrrad durch die Stadt möglich ist, zeigt sich auf der Theodor-Heuss- und der Pfarrer-Sturm-Straße. Schon jetzt ist der Fahrradverkehr auf dieser Strecke ziemlich belebt. Hier gilt Tempo 30, es gibt kaum Durchgangsverkehr, Fahrräder und Autos begegnen sich meist ohne Konflikte. Das war auch der Grund, weshalb Die Grünen im Gemeinderat 2009 beantragt haben, diese Strecke als Fahrradstraße auszuweisen.
Zu diesem Konzept passt auch die Forderung anderer Fraktionen, eine weitere Querung der Gleise für den Radverkehr einzurichten. Auch das Nadelöhr der Bahnunterführung am Bahnhof wäre entlastet - dort passieren regelmäßig Unfälle, bei denen rechtsabbiegende Fahrzeuge mit Radfahrern (die hier Vorfahrt haben) kollidieren.

Um eine Fahrradstraße auf der genannten Strecke einzurichten, sind fast keine Änderungen oder Investitionen nötig. Natürlich muss die Straße wegen der Parkplatzsituation für Kfz freigegeben sein. Es wären - außer dem Umbau der Kreuzung mit der Stuttgarter Straße und unabhängig von einer etwaigen weiteren Bahnunterführung - noch folgende Maßnahmen nötig:
- Beschilderung
- Änderung der Vorfahrtsregelung
- Aufklärungskampagne (viele Autofahrer kennen die auf Fahrradstraßen geltenden Regeln noch nicht).
- Tempo 30 würde auch auf der Fahrradstraße bestehen bleiben
- Zufahrt zu privaten Parkplätzen oder zu den öffentlichen Einrichtungen wäre weiterhin gegeben
- Mehr Rücksicht gegenüber Radfahrern wäre geboten.

Eine ebenfalls wichtige, von vielen Schulkindern benutzte Trasse ist die Pestalozzistraße. Die Freigabe der Einbahnstraße in beiden Richtungen für den Fahrradverkehr hat sich gut bewährt, der Zwang zu gegenseitiger Rücksichtnahme ist bester Garant für Sicherheit. Es ist nur irritierend für ortsunkundige Autofahrer, weil bei der Einfahrt von der Eberhardstraße keine eindeutige Warnung vor entgegenkommenden Radfahrern erkennbar ist.
Die Bahnhofstraße kann definitiv nicht zu den Straßen gerechnet werden, auf denen ein (nutzungspflichtiger) Radweg sinnvoll ist. Aufgrund der geringen Breite und der Verkehrsdichte (vor allem einkaufende Fußgänger) ist hier ein Radweg, der die Vorgaben der neuen StVO entspräche und einen Zuwachs an Sicherheit brächte, überhaupt nicht möglich.
So bietet sich eine simple, wenn auch überraschende und radikale Lösung an. Da es sich um eine innerstädtische Einkaufsstraße handelt, sollte die Bahnhofstraße auch dementsprechend gestaltet werden. Dazu gehören folgende Maßnahmen:
- Abschaffung der Radwege.
Vom doppelt so breiten Gehweg würden die vielen Geschäfte und Cafés sowie zu Fuß gehenden Kunden profitieren. Ein Zusatzschild „Radfahrer frei“ würde unsicheren sowie einkaufenden Radfahrern erlauben, wie bisher, vom Autoverkehr getrennt zu fahren, allerdings wären sie auf dem Gehweg zur Rücksicht gegenüber den Fußgängern verpflichtet. - Tempo 30 (testweise nur tagsüber).
Schneller fahren ist bei dem Verkehr sowieso nicht möglich, es wäre eine formelle Anerkennung von Tatsachen. Schnelle Radfahrer würden die Fahrbahn benutzen und somit wären die Konflikte zwischen ihnen und Fußgängern entschärft - Fahrradstellplätze.
Um noch mehr Menschen zu animieren, ihre Einkäufe mit dem Rad statt mit dem Auto zu erledigen, braucht es in regelmäßigen Abständen moderne Radabstellanlagen. Wo dafür kein Platz vorhanden ist, müssen einzelne Parkplätze umgewidmet werden. Dann können statt eines Pkws (in dem statistisch 1,2 Personen sitzen) zehn Kunden ihre Fahrräder parken.
Solch ein Umbau der Bahnhofstraße würde mit wenigen Investitionskosten einen Sicherheitsvorteil sowohl für Rad- als auch Fußverkehr bringen. Die Beruhigung des Verkehrs und verdoppelte Gehwege würden das Kleingewerbe stärken, die Fellbacher hätten eine Flaniermeile.
Natürlich gibt es auch Bedenken, ob solch ein Umbau keine Zumutung für den Autoverkehr wäre:
- Verlangsamung auf 30 km/h:
Da es sich hier um eine 650 m lange Strecke handelt, wäre der maximal theoretisch mögliche Zeitverlust im Vergleich mit 50 km/h genau 32 Sekunden. Diese Zeit würde nicht einmal ausreichen, um auf die nächste Parallelstraße auszuweichen. In der Tat ist eine zügige Fahrt mit 50 km/h auf dieser Strecke sowieso nicht möglich.
- Verlust von Parkplätzen:
Das Angebot an Parkplätzen ist erfahrungsgemäß immer zu klein, erst recht, wenn die Stadt mit Gratis-Parkplätzen versucht, Kunden anzulocken. Die Situation wäre viel entspannter, wenn Parkplätze außerhalb des Einkaufsbereichs (z.B. Ringstraße) ausgewiesen und ausgeschlidert wären.
Andererseits, wenn Dank besserer Bedingungen für den Radverkehr mehr Kunden statt mit dem Auto lieber mit ihrem Fahrrad einkaufen, dann bleiben dadurch mehr Stellplätze frei, als für die Einrichtung von Fahrradstellplätzen nötig (auf einem Auto-Stellplatz können locker zehn Fahrräder parken). So gesehen, wäre die Umwidmung eines einzelnen Stellplatzes in Fahrradstellplätze für die verbliebenen Autofahrer purer Gewinn!